Harley-Davidson Wishbone Starrahmen


Autor: 'SuperGauzy' - www.supergauzy.de für Shovel-Head.com
Bildquelle: www.hogtech.com [ Bild zeigt Nachbaurahmen ]

Harley-Davidson Wishbone Starrahmen

Mit der Einführung der 1936’er 61cui OHV brachte Harley-Davidson einen neuen Doppelschleifen-Rohrrahmen auf den Markt, der den einfachen Rohrrahmen ablöste. Die Amerikaner sprechen von einem "Double Down Tube Frame", weil vorn vom Lenkkopf zwei Rohre herunterführen; vorher war es nur eins. Es handelt sich um einen geschlossenen Rahmen [Cradle Frame], der den Motor umfasst. Mit ihm sind sämtliche Big Twins ab 1937 ausgerüstet. Die zwei "Schleifen" ziehen sich von der Tankbefestigung über einen Bogen hinunter, bis hinten zur Aufnahme der Hinterachse.
Mit Bezug auf die Hinterradführung handelte es sich um einen Starrahmen [Rigid Frame]. Alle Big Twins bis 1957 wurden mit Rahmen dieses Prinzips gebaut. Die von 1948 bis 1957 hergestellten Starrahmen bezeichnet man - nach den in ihnen verbauten Motoren - auch als Panhead-Rahmen. Diese Rahmen gibt es in zwei Varianten: Von 1948 bis Mitte 1954 gab es die sogenannten "Wishbone Frames", bei denen die Rahmenrohre in Höhe des vorderen Zylinderkopfes auseinanderlaufen, um dann parallel nach unten geführt zu werden [Wishbone - Gabelbein, ein entsprechend geformter Brustknochen im Vogelskelett, jedem Freund gebratener Hühnchen bekannt]. Von Mitte 1954 bis 1957 werden sie dann wieder als "Straight Leg Frames" bezeichnet, wie zuvor bei den Rahmen von 1936 - 1947. Dort liefen die unteren Rahmenzüge vom Lenkkopf zur vorderen Motoraufnahme gerade. Deshalb auch beliebt bei Customizern der 70’er und 80’er Jahre, da man den Lenkkopfwinkel einfacher als bei den Wishbone-Rahmen verändern konnte.
Bei einigen Exemplaren der Baujahre 1949 bis 1951 findet man auch angeschweißte statt angeschraubte Werkzeugkastenhalter. Warum das so ist, weiß heute niemand mehr zu erklären.
1948 wurde offiziell der Rahmen mit den vorn abgewinkelten unteren Rohren eingeführt. Das war der bereits erwähnte Wishbone Frame. Erstmals gab es am Lenkkopf eine Vorrichtung zum Absperren der Lenkung zum Schutz vor Diebstahl. Ab Modelljahr 1948 haben alle Rahmen auch zwei angeschweißte Flansche für die Befestigung der Zündspule mit 5/16" Gewinden, und zwar links am Sattelrohr.
Alle Rahmen ab 1948 wurden elektrisch geschweißt statt, wie bisher, hartgelötet. Die 1948’er Rahmen haben nicht abgeflachte Wishbone-Rahmenrohre, noch ohne Hupenhalter. Sie ähneln den Rahmen von Mitte 1954 mit Ausnahme des leichten Sattelrohrgußstückes, des Tank- und Motorhalters sowie der Werkzeugkastenstrebe. 1948 führte man auch eine verbesserte Motorhalterung ein, jetzt leicht nach vorn gebogen. Vorher war sie gerade. Die Gußnummer des Lenkkopfes lautete jetzt XE 35 F, sie blieb bei allen Rahmen bis 1964 unverändert.

Rahmenreparatur:
Weist ein Rahmen eine ernste Beschädigung auf, ist er verzogen oder stark angerostet, so kommt man nicht umhin, ihn einem Fachmann in die Kur zu geben. Das Richten eines Rahmens kann kein Amateur durchführen. Wichtigste Voraussetzung ist, daß die Firma des Vertrauens über eine veritable Richtbank verfügt und auch sonst tiptop eingerichtet ist. Ebenso wichtig aber ist die Reputation der Werkstatt. In früheren Zeiten verfügten die großen Harley-Davidson-Vertragshändler alle über eine vom Werk gelieferte Rahmenrichtbank. Sie kam 1930 auf und war allen anderen weit überlegen. Die Oberfläche der Richtplatte war aus gehärtetem Stahl und mit Löchern versehen, deren Abstand stets 15 cm betrug. Es gab spezielle Halterungen und Klammern, die in die Löcher paßten und die man von Modell- zu Modelljahrgang ergänzen konnte: Harley lieferte diese speziellen Richtwerkzeuge noch bis in die sechziger Jahre hinein. Es gab zu dieser Richtanlage auch ein dickes Buch, das die Rahmenmaße enthielt. Danach konnte man jeden noch so verzogenen Rahmen wieder auf Vordermann bringen.

Um zu begreifen, wie wichtig die Richtbank ist, muß man sich klarmachen, daß jede auch so geringfügige Korrektur am Rahmen weitere Veränderungen nach sich ziehen kann. Nehmen wir an, der Lenkkopf habe einen Stoß bekommen, der ihn nur wenige Grad aus dem vorgeschriebenen Winkel bringt. Bringt man ihn in seine ursprüngliche Lage zurück, würde sich erneut eine Verziehung auf den gesamten Rahmen auswirken, sofern man nicht sämtliche Teile so fixiert, daß sie keinen Millimeter Bewegungsspielraum haben. Die Hersteller-Vorgaben, die im Rahmenbuch exakt verzeichnet sind, müssen bedingungslos eingehalten werden.

Schweißen am Rahmen:
Vorsicht beim Anschweißen von Ersatzhalterungen oder Laschen an Rahmen einer Big Twin vor 1948! Die Verbindungen an diesen Rahmen wurden gelötet und wenn durch Schweißarbeiten hohe Temperaturen am Material auftreten, können nahgelegene Lötverbindungen dadurch Schaden nehmen. Es kann zu chemischen Reaktionen kommen, die zu einem Zerstören der Lötverbindung führen - Rahmenbrüche können die Folge sein.
Auch befinden sich innerhalb der Rahmenrohre zahlreiche Verbindungselemente, meist in Form eingezogener Stahlrohrstücke, die gewisse Belastungskräfte im Rahmen aufzunehmen haben. Auch diese Rohrstücke sind durch Lötstellen fixiert, die sich durch starke Hitzeeinwirkung lösen könnten. Folge: Die Versteifungen lösen sich und werden ihrer Aufgabe nicht mehr gerecht. Die Herstellung der gelöteten Harley-Rahmen vollzog sich stets mit einem Höchstmaß an Präzision. Der Rahmen besteht aus Gußteilen und Rohrstücken. Jedes Rohr war seinen Belastungen gemäß geformt, wurde an den Enden gebördelt und unter hohem maschinellen Druck verlötet. Dann erfolgte ein Durchwärmen bei 853° Celsius, eine Abschreckung in kaltem Wasser und eine erneute Erhitzung für zwei Stunden auf genau 412 Grad. Darauf folgte eine allmähliche Abkühlung. Der Stahl wurde durch diese Prozedur hart, aber nicht spröde, fast vergleichbar mit Federstahl. Setzt man den Rahmen oder einige seiner Teile großer Hitzeeinwirkung aus, wie sie beim Schweißen auftritt, hat dies mit Sicherheit den Verlust der Festigkeit zur Folge. Alle Rahmen ab 1948 wurden elektrisch verschweißt.

Lenkkopflager und Lagerschalen:
Sämtliche Springergabel Modelle weisen Kugellager mit konischen Zentrierringen und Lagerschalen auf. Bei den Glide-Modellen mit einer Telegabel von 1949 - 1984 wurden Kegelrollenlager verwendet. Es gab zwei Ausführungen; die erste findet man in Maschinen bis einschließlich 1959. Es handelt sich um Lager mit 16 Kegelrollen und einer Laufringstärke von 3/8"; der äußere Durchmesser beträgt 1,980". Lager ab Baujahr 1960 haben 19 Rollen und sind beim gleichen Durchmesser 27/64" stark. Sie passen auch in ältere Rahmen, umgekehrt kann man solche von 1949 bis 1959 auch in jüngeren Rahmen verwenden, aber immer nur als kompletten Lagersatz.